Zweimal im Jahr geistert eine alte Börsenregel durch die Medien: „Sell in May and go away, but remember to come back in September.“ Die Idee dahinter ist simpel – Anlegende sollen ihre Aktien im Mai verkaufen und erst im Herbst wieder einsteigen. Aber funktioniert das heute wirklich noch?
Die Idee hinter der Regel
Seinen Ursprung hat die Börsenweisheit in den Traditionen der britischen Oberschicht des 17. und 18. Jahrhunderts, die das Geschehen an der Londoner Börse zu ihrer Zeit deutlich beeinflusste. In den heißen Sommermonaten verließen nämlich zahlreiche Kaufleute und Bankiers die Stadt. Im September kehrten sie schließlich wieder zurück. Vor ihrer Abreise verkauften sie jedoch noch eilig ihre Aktien und erst nach ihrer Rückkehr im September nahmen sie ihre Börsenaktivitäten wieder auf. Während dieser Sommermonate fehlte es damit jedoch an Investoren auf dem Börsenparkett, was zu einem Mangel an Nachfrage führte und die Kurse einbrechen ließ. Nach der Sommersaison erholte sich der Markt dann wieder und gewann an Fahrt.
Psychologische Fakten
Die Beliebtheit der „Sell in May“-Strategie lässt sich auch psychologisch erklären. Verluste wiegen emotional schwerer als Gewinne – ein Phänomen, das als Verlustaversion bekannt ist. Wenn Anleger in einem Jahr im Sommer Verluste machen, verfestigt sich schnell der Glaube an die Regel, obwohl die Daten langfristig oft dagegen sprechen.
Warum die Regel heute problematisch ist
Die Kapitalmärkte haben sich massiv verändert:
- Handel ist heute 24/7 digital, nicht saisonal begrenzt.
- Globale Märkte gleichen lokale Schwächen aus.
- Politische Entscheidungen und Notenbankpolitik wirken sich jederzeit aus – nicht nur im Sommer.
Zudem ist es schwierig, den richtigen Ein- und Ausstiegszeitpunkt zu treffen. Wer im falschen Moment verkauft oder den Wiedereinstieg verpasst, riskiert, die besten Tage des Jahres zu verpassen – und das kann die gesamte Jahresrendite kosten.
Die Alternative: Langfristig investieren
Wie es Nobelpreisträger Eugene Fama sagte:
„Investing is like soap – the more you touch it, the smaller it gets.“
Langfristiges, breit gestreutes Investieren hat sich in der Vergangenheit als robuster und erfolgreicher erwiesen. Ständige Strategiewechsel oder saisonale Spielereien kosten oft mehr Rendite als sie bringen.
Fazit
„Sell in May and go away, but remember to come back in September“ ist ein interessantes Börsenphänomen mit historischen Wurzeln – aber kein zuverlässiger Fahrplan für moderne Anleger. Wer ruhig, diszipliniert und langfristig investiert, fährt meist besser als jemand, der auf saisonale Trends setzt.
Auch die bevestor Portfolios sind breit weltweit diversifiziert. Denn die wichtigste und immer zutreffende Börsenweisheit lautet: langfristig und breit gestreut investiert sein!